Rede von Johann Praß zum 20. Jubiläum der DTL


Sehr geehrte Turnfreundinnen und Turnfreunde,

sehr geehrte Damen und Herren, verehrte Gäste,


ich begrüße Sie herzlich zu unserem Thema 20 Jahre Deutsche Turnliga (DTL). 20 Jahre DTL ist ein beachtliches Jubiläum und Anlass, den Istbestand mit Stolz zu präsentieren. Aber auch Anlass in die Vergangenheit zu schauen. Wie alles kam, und wie aus einem kleinen Pflänzchen eine stolze Blume wurde.

Vereinsvergleichskämpfe in einem Ligasystem gab es unter den Fittichen des Deutschen Turner-Bund schon seit den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Obmann war dort zunächst Karl Knecht und dann bis zur Gründung des Vereins Hans Jürgen Hermann. Doch warum wollten die beteiligten Vereine sich verselbständigen? In vielen Gesprächen zwischen den Vereinen herrschte Unzufriedenheit darüber, dass die sie kaum Einfluss auf die inhaltliche Gestaltung und die Entwicklung der Liga nehmen konnten. Es herrschte die allgemeine Meinung, dass die Möglichkeiten der Entwicklung in einem selbständigen Verein bedeutend mehr Möglichkeiten böten, als nur ein kleines Rädchen in einem großen Dachverband zu sein. Trotz der Risiken bezüglich der Finanzierung, wurde der mutige Schritt gewagt. Und zwar am 12. Juli 1997 im Chemnitzer Rathaus, wo der Verein «Deutsche Kunstturnliga Männer» gegründet wurde.

Gründungsmitglieder waren: Horst Neumann (1860 Bremen), Hans Müller (KTG Chemnitz), Otto Baur (Schwäbisch Gmünd), Wulf Greite (TK Hannover) und Hans-Jürgen Hermann (Koblenz) sowie zwei weitere Personen. Als erster Präsident der «Deutschen Kunstturnliga Männer» wurde Wulf Greite vom TK Hannover gewählt. Wulf Greite hat den großen Verdienst, dass er schon im Vorlauf intensiv für den Verein geworben hatte und es auch schaffte, nach der Gründung alle betroffenen Vereine zu bewegen, dem Verein zeitnah beizutreten. So konnte die Liga mit fünfzig Mannschaften zeitgerecht starten.

Aller Anfang ist bekanntlich schwer. Viele halfen zum Gelingen. Horst Neumann von Bremen 1860, zum Beispiel, stellte Räumlichkeiten und auch Personal für eine Geschäftsstelle für wenig Geld zur Verfügung. Mit den Firmen Bänfer und Pure Sports (Frideritzi) wurden erste Sponsoren gefunden. Sie halfen die ersten finanziellen Engpässe zu meistern. Schwierig war die Situation mit dem DTB, der mit der Entwicklung natürlich nicht glücklich war. Es gelang Vertrauen zu gewinnen und in einem ersten Kooperationsvertrag das Recht für die «DKLm» zu erwirken, die deutsche Mannschaftsmeisterschaft Männer durchzuführen. Dieser Vertrag war auf zehn Jahre abgeschlossen und endete im Jahr 2007. Die DTL hatte eine stürmische Entwicklung hinter sich und wollte einen besseren Vertrag. Darüber konnte man sich viele Jahre nicht einigen und erst im Frühjahr 2015 wurde zwischen den Präsidenten ein neuer Vertrag ratifiziert. Man verhandelt heute auf Augenhöhe, um die eigenen Interessen untereinander abzustimmen.

Großer Dank gilt auch Hans Jürgen Hermann, der als langjähriger Bundesligabeauftragter DTB der DKLm in den ersten Jahren mit seiner reichhaltigen Erfahrung noch wertvolle Dienste geleistet hat.

2001 wurde Hans Müller zum Präsidenten gewählt und Wulff Greite trat ins zweite Glied zurück. Hans Müller hat in seiner Präsidentschaft viel für die Strukturierung und Weiterentwicklung des Vereins getan. In seiner ihm eigenen Durchsetzungskraft hat er neue Maßstäbe gesetzt. Der Verein hat ihm viel zu verdanken.

2002 wurde die Geschäftsstelle von Bremen nach Chemnitz verlegt. Ralf Neumann wurde mit einer Halbstelle zum Geschäftsführer berufen. Die DKLm änderte ihren Namen in „Deutsche Turnliga (DTL)». In Vorbereitung auf das Deutsche Turnfest in Leipzig beschloss die Mitgliederversammlung eine Öffnung für alle olympischen Sportarten des DTB.

2003 wurde ein eigenes Internetportal geschaffen, dass in den folgenden Jahren entscheidend erweitert und ausgebaut wurde. Ein Versuch der Modernisierung scheiterte. Mit Rudi Brand gelang der Durchbruch dann aus den eigenen Reihen. Vorbei war es mit der Zettelwirtschaft. Alle Daten werden seitdem live digital bearbeitet. Ergebnisse werden in kürzester Zeit in den Hallen und auch im Internet veröffentlicht. Ein Meilenstein in der Entwicklung war die Einführung des Scoresystems. Ein Wettkampfprogramm mit 24 Einzelduellen schafft einen hohen Spannungsbogen mit permanenter zeitnaher Information über den Stand des Wettkampfes, der auch nicht so turnkundige Zuschauer in seinen Bann schlägt. Auch gab es das erste Ligafinale als Krönung der Wettkampfsaison in Oker. Die Ligafinals in den Jahren 2004 und 2005 wurden ebenfalls in Oker durchgeführt. Es waren Wettkämpfe mit einer guten Atmosphäre mit etwa 400 Sitzplätzen. Sie brachten den Protagonisten wertvolle Erkenntnisse für die zukünftige Entwicklung des DTL-Finales.

2005 Das Jahr 2005 brachte eine wichtige Neuregelung: Die Gestaltung der Ausländerregelung. Die verschiedenen Vorgängerregelungen bescherten der DTL durch die Jahre erhebliche sportliche und auch rechtliche Probleme. Mit der sogenannten 2/3 Regelung wurde ein System verabschiedet, dass leicht zu kontrollieren ist, das garantiert, dass immer ein gewisser Einsatz von deutschen Turnerinnen und Turnern vorsieht und genügend Platz für den Einsatz von ausländischen Spitzenturnern lässt. Es gab eine weitere wichtige Entwicklung in diesem Jahr. Mit der Saison 2005 fassten die Vereine der Frauenliga den Beschluss, der DTL beizutreten. 30 Frauenvereine schlossen sich den 40 Männermannschaften an und sorgten so für einen ordentlichen Mitgliederzuwachs. Dieser Zuwachs an Mannschaften hatte organisatorische Änderungen zur Folge. Es wurde eine Männer- und Frauenabteilung gegründet. Beide Abteilungen organisieren ihr Wettkampfgeschehen autark im Rahmen der Satzung und Ordnungen der DTL. Das Präsidium zog sich aus vielen Entscheidungen zurück. Die Maßnahme hatte ein enormes Plus an Innovationskraft und engagierten Personen zur Folge.

2006 Die Erfahrungen mit dem Ligafinale in Goslar hatten Mut gemacht und so suchte man einen Austragungsort mit mehr Kapazität und wurde im Raum Heidelberg fündig. Die mehrtägigen Veranstaltungen fanden großes öffentliches Interesse. Bis zu 9000 Zuschauer waren zusammen als Gäste zu begrüßen. Die Einführung des «National Team Cup» als Plattform zur Leistungsbestimmung war ein weiterer Meilenstein der inhaltlichen Entwicklung der DTL. Das Turnier ist aus dem Turnkalender nicht mehr wegzudenken und auch bei den Bundestrainern sehr geschätzt. Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb wurde in eine eigene Gesellschaft ausgelagert und in Verträgen mit adidas und Spieth Gymnastics beim Sponsoring erhebliche Erfolge erzielt.

2008 demissionierte Hans Müller als Präsident.

2009 wurde Johann Prass als Nachfolger gewählt. So erfolgreich die Ligafinals in Heidelberg auch waren, so überfrachtet schienen sie doch. Alle Aufstiegskämpfe und das Finale in einer Veranstaltung passten nicht zusammen. So entschied man sich, noch einmal neue Wege zu gehen. Es wurde mit der Europahalle in Karlsruhe eine Großraumhalle für eine professionelle Darbietung der Deutschen Mannschaftsmeisterschaft der Männer und Frauen. Und das ist auch heute noch der Anspruch. Die Aufstiegskämpfe entwickelten seitdem ihre eigene Anziehungskraft eingebettet in die turnerische Familie.

2010  Wanderte die Karawane von Karlsruhe für drei Jahre nach Berlin in die Max-Schmeling-Halle. Eine neue Satzung wurde erarbeitet mit dem Ziel, das Hauptamt zu stärken und somit das Ehrenamt zu entlasten, indem die Betriebsführung nach § 26 BGB auf das Hauptamt übertragen wurde und das Präsidium aufsichtsratähnliche Aufgaben übernimmt.

2012 gibt Johann Prass sein Amt aus Altersgründen zurück.

2013 wird Manfred Kucht zum neuen Präsidenten gewählt. Das Finale kehrt nach Karlsruhe zurück. Alle Veranstaltungen waren top und hatten ihre Glanzpunkte. Über die Jahre 2013 und 2014 kann ich ansonsten nicht viel berichten, da es mir an Informationen fehlt und ich nicht mit Vermutungen agieren will. Vieles wird aus nachfolgendem erklärlich.

2015 folgt das Krisenjahr. Anfang des Jahres wurde ich vom Präsidium gefragt, ob ich bereit wäre noch einmal als Präsident zu kandidieren, weil der amtierende Präsident sich aus Krankheitsgründen nicht wieder zur Wahl stellen würde und die Zeit einen geeigneten Kandidaten zu finden zu kurz sei. In der Annahme, dass alles in besten Händen ist, habe ich, um zu helfen, zugesagt. Alter schützt eben nicht vor Torheit. Zwei Wochen nach meiner Wahl schied der Präsident Finanzen durch Suizid aus dem Leben und damit auch der größte Teil des Herrschaftswissens im Präsidium. Der Präsident Recht, dem man offenbar versprochen hatte, dass er lediglich bei rechtlichen Fragen behilflich sein müsse, gab sein Amt zurück. Es verblieben die beiden Abteilungsleiter Mirko Wohlfahrt und Rosemarie Napp. Und meine Wenigkeit. Verschärft wurde die Situation weiter durch Turbulenzen in der Geschäftsstelle, die eine Auswechselung des Geschäftsführers erforderlich machten. Durch Einreichung des Rücktritts des Geschäftsführers, macht sich ein Agieren an dieser Stelle nicht mehr erforderlich. Als alle Anstrengungen die Lücken aufzufüllen erfolglos blieben und ich noch zudem an Krebs erkrankte, bin ich im Oktober zurückgetreten, auch um den Verein zu zwingen zeitnah in einer außerordentlichen Mitgliederversammlung, ein neues Präsidium zu wählen.

Trotz der großen Turbulenzen war das Jahr 2015 nicht ohne bedeutende Erfolge. Es wurde der neue Kooperationsvertrag mit dem DTB abgeschlossen.
Ein langer Wunsch der Männerabteilung ging in Erfüllung. In enger Kooperation mit dem DTB und dem Institut für angewandte Trainingswissenschaften wurde eine weitere Plattform zur Leistungsentwicklung junger Turner entwickelt: Die Nachwuchsbundesliga (NBL). Sie beendete heute ihre zweite Saison und wenn man das Leuchten der Augen der Jungen sieht, weiß man, dass man alles richtig gemacht hat. Es werden auf diesem Weg auch Jungen, die sonst in einem schwierigen Alter dem Turnen wohl den Rücken gekehrt hätten. bei der Stange gehalten.

2016  wurde das das Finale hier in Ludwigsburg veranstaltet und auch die Wahl des neuen Präsidiums folgte im Dezember Das neue Präsidium unter Leitung von Jens Uwe Kunze war und ist ein Glücksfall für den Verein. Es hatte eine große Arbeit vor sich. Praktisch musste jeder Stein umgedreht werden. Es besitzt meine große Hochachtung, die ich, natürlich in ehrenvoller Erinnerung auf den kürzlich von uns gegangenen Vorstandsvorsitzenden Rene Lachmund, ausdrücklich erweitere.

Das war mein Exkurs durch zwanzig Jahre Geschichte der Deutschen Turnliga. Er zeigt die fantastische Entwicklung des Vereins auf und ich bin mir sicher, dass sie mit dem guten, neuen Präsidium nicht zu Ende ist. Ich nehme mir das Recht jetzt im Namen der Mitgliedsvereine dem amtierenden Präsidium und dem Vorstandsvorsitzenden großen Dank für die geleistete Arbeit auszusprechen. Ich wünsche dem Präsidium für die Zukunft viel Glück. Dass es einerseits gelingt auch weiterhin bei der Entwicklung des Spitzensports positiv mitzuwirken und andererseits auch den Amateursport zu fördern. Als Ehrenpräsident stehe ich nach wie vor gerne beratend zur Verfügung.

Ihr Johann Prass, im Dezember 2017.