UNIVERSITY GAMES | RHEIN-RUHR
Aiyu Zhus Spagat zwischen Halle und Hörsaal

Wenn sie nicht gerade irgendwo auf einem Podest steht, dann sitzt sie in Köln an einer Hausarbeit. Der Titel könnte lauten: «Was treibt Menschen dazu, sich freiwillig auf einen zehn Zentimeter breiten Balken zu stellen und dabei auch noch ruhig zu bleiben?» Das Schöne: Aiyu Zhu gibt sich nicht als Überfliegerin. Sondern als eine, die lieber konstant turnt als laut tönt. Im Training bastelt sie an neuen Elementen. Und wenn sie von einem Finaleinzug spricht, klingt das mehr nach Hoffnung als nach PR-Ansage.

Die Halle als Therapie
Wer Zhu länger zuhört, merkt: Für sie ist Turnen kein Karriereziel, sondern eine Lebensweise. Ihre Schwester hat sie mal mit in die Halle genommen. Der Rest ist Geschichte – und Muskelkater. Mit elf war sie im Nationalkader, mit vier auf der Matte. Der Spitzensport war nie nur Bühne, sondern auch Rückzugsort. Oder wie sie es nennt: «Mein Wohlfühlort.» Denn auch für Zhu gilt: Nicht jeder Tag ist ein Instagram-Highlight. Es gibt Momente, da will man einfach nur im Bett bleiben und Netflix anschauen. Aber: «Wenn ich erst mal in der Halle bin, kommt die Motivation von allein.» Vielleicht ist das die wahre Kunst im Spitzensport: nicht zu explodieren, sondern immer wieder aufzutauchen.

Studieren, schwitzen, staunen
Nebenbei macht Zhu auch noch das, was man heute dual nennt: Uni und Hochleistung. Nur dass sie keinen schwarzen Firmenwagen bekommt, sondern blaue Flecken. Sie sagt, sie wolle sich im Sport verbessern – aber gesund bleiben. Früher sei «immer höher hinaus» ihr Ziel gewesen. Heute klingt sie eher nach: so weit wie möglich, aber mit Sinn und Verstand. Und danach? Die Kombi aus Psychologie und Sport ist kein Zufall. Zhu will ihr Wissen weitergeben. Vielleicht als Trainerin. Vielleicht als Psychologin. Vielleicht als beides. Jedenfalls als jemand, der weiss, wie sich Druck anfühlt – und wie man wieder runterkommt.

NRW, wir kommen
Wenn in Essen die FISU Games starten, ist Zhu mittendrin. Der eigene Fanblock steht schon, Köln ist um die Ecke, und wer weiss: Vielleicht gibt’s am Ende auch eine Medaille. Oder zumindest einen sauberen Abgang und ein gutes Gefühl. «Es geht nicht nur darum, wo wir am Ende ankommen, sondern auch darum, gemeinsam den Weg dahin zu gehen», sagt sie und legt gleich noch einmal nach: «Feiert jeden kleinen Fortschritt, bleibt neugierig, und vor allem: umgebt euch mit Menschen, die euch unterstützen und inspirieren». Klingt nach Kalenderspruch, ist aber bei ihr echt. Und sowieso: Wer zwischen Barren und Bachelorarbeit so elegant balanciert, der darf bei der Universiade ruhig auch mal fliegen.
Die Wettkämpfe im Turnen werden vom 22. bis 26. Juli in Halle 3 auf dem Gelände der Messe Essen ausgetragen. Die deutschen Teams kämpfen dort am 25. und 26. Juli um Finalplätze. Bereits vom 19. bis 23. Juli gehen in der Halle 4 die Gymnastinnen auf die Fläche. Tickets zum Preis von 18 EUR fürs Turnen gibt es noch hier, für die Rhythmische Sportgymnastik hier.