ZUM TOD VON ALBERT WIEMERS
Ein stiller Architekt des Turnens

Er mochte nie im Rampenlicht stehen. Dennoch hat er über Jahrzehnte das Bild des deutschen Turnens mitgeprägt – leise, beharrlich, mit der Geduld eines Baumeisters. Am 4. Juli ist Albert Wiemers im Alter von 67 Jahren nach schwerer Krankheit gestorben. Geboren 1957 im südlichen Wittgensteiner Land, entdeckte er früh seine Faszination für jene Sportart, die wie kaum eine andere Disziplin, Präzision und Eleganz vereint. Was mit ersten Schritten in der Turnhalle begann, wurde zur lebenslangen Aufgabe. Als Mitbegründer und prägende Figur der Kunstturnvereinigung Obere Lahn (KTV) schuf Wiemers im hessischen Hinterland ein sportliches Fundament, das weit über die Region hinaus wirkte. Er war kein Mann der großen Worte, eher einer der verlässlichen Strukturen.

Über drei Jahrzehnte lang formte er als Sportwart die KTV, organisierte Trainings, betreute Wettkämpfe, kämpfte um Hallenkapazitäten – oft gegen bürokratische Widerstände, stets im Dienst der Sache. Die neue Lahntalsporthalle in Biedenkopf wurde ihm dabei nicht nur sportliche Heimat, sondern Symbol für das, was möglich ist, wenn man Ausdauer mit Überzeugung verbindet.

Die DTL trauert um ihren langjährigen Ligasprecher Albert Wiemers.

Wiemers wusste um die Schattenseiten eines Spitzensports, der mitunter die Jüngsten verheizt. Seine Antwort darauf war konsequent: nachhaltige Nachwuchsarbeit statt bloßer Jagd nach Titeln. Auch deshalb verteidigte er die Entscheidung, die Männermannschaft der KTV nach dem Deutschen Meistertitel von 2018 aus der Bundesliga zurückzuziehen – nicht aus Resignation, sondern aus Prinzip. Dabei blieb sein Wirken keineswegs auf die lokale Ebene beschränkt. Als Ligasprecher der 1. Bundesliga Männer in der Deutschen Turnliga (2014 bis 2019) vertrat er die Interessen der Vereine mit Sachlichkeit und diplomatischem Feingefühl – nie laut, aber verlässlich. Wer ihn kannte, schätzte seine klare Haltung, seinen trockenen Humor, seine Gradlinigkeit.

Albert Wiemers hat sich nie in den Vordergrund gedrängt. Vielleicht wurde er gerade deshalb zu einer prägenden Figur. Für viele junge Turnerinnen und Turner blieb er mehr als nur ein Funktionär – ein stiller Mentor, ein unermüdlicher Begleiter auf einem oft steinigen Weg. Dass die Bauarbeiten zur Erweiterung der Lahntalsporthalle im vergangenen Jahr begannen, noch bevor ihn die Krankheit endgültig einholte, war für Wiemers ein Moment tiefer Genugtuung. Er hat der Zukunft der Sportart in seiner Region damit ein neues Fundament gelegt.

Sein Engagement für den Turnsport, seine Beharrlichkeit, seine leise Leidenschaft wird all jenen als Vorbild bleiben, die künftig in seine Fußstapfen treten werden.

vor 5 Stunden
von Kathrin Baumann

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