WM TURNEN | LIVERPOOL
Elisabeth Seitz kämpft sich am Stufenbarren nach oben
Dass sie diesmal nicht auf dem Siegertreppchen stand, spielte für Seitz überhaupt keine Rolle. Vor ein paar Wochen noch, habe sie Corona gehabt und es sei sehr schwer gewesen, für diese Weltmeisterschaften überhaupt fit zu werden. «Aber ich bin fit geworden und bin ins Finale gekommen. Vor zwei Tagen hat mich noch eine Erkältung erwischt», erklärte sie. Diese sei zwar nicht so schlimm, aber ihren Geburtstag habe sie vor allem im Hotelzimmer verbracht. «Mein Immunsystem ist noch nicht wieder richtig erholt. Aber ich habe gekämpft und es hat sich besser angefühlt als in der Qualifikation. Deshalb bin ich glücklich, wie es gelaufen ist. Ich bin als Achte ins Finale gerutscht und jetzt bin ich Vierte», war für Seitz alles im grünen Bereich.
Das gleiche galt für Cheftrainer Gerben Wiersma. «Unglaublich, richtig gut. Man kann sehen, dass es einen Unterschied zwischen dem dritten und dem vierten Platz gab. Und ich denke, das ist auch sehr realistisch», fand er und fügte hinzu: «Mit diesem Wissen, dass Eli mit Corona so lange zu kämpfen hatte und es echt schwierig für sie war, überhaupt hierher zu kommen, war es heute einfach gut», freute er sich.
Seitz nimmt nach eigenen Angaben vor allem eines mit nach Hause: viel neues Selbstbewusstsein. «Ja, ich habe mir schon oft bewiesen, dass mein Körper viel kann. Aber ich war selbst immer wieder extrem überrascht davon, was mit meinem Körper möglich ist. Und jetzt, wo ich hier so stehe, denke ich mir, ich brauche nicht mehr überrascht zu sein. Ich weiß jetzt umso mehr, zu was er in der Lage ist», sagte Seitz. Sie selbst sei einfach ein Wettkampftyp. «Sobald ein GO dasteht und die Zeit runterläuft, bin ich da. Das ist vielleicht ein Talent, vielleicht habe ich es mir auch antrainiert. Ich weiß es nicht», sagte die Turnerin vom Meister MTV Stuttgart, die am Montag auf jeden Fall erst einmal nicht zum Trainuing erscheinen will. «Dann werde ich aber schauen, dass ich fit werde für die Bundesliga».
Einen Platz hinter Seitz landete mit 14,166 Punkten die Niederländerin Sanna Veerman vom Bundesligisten TG Karlsruhe-Söllingen auf Rang fünf. «Ich fühle mich gerade einfach nur gut. Vor dem Wettkampf war ich nicht nervös, es war aber superspannend. Ich habe jeden Moment genossen», verriet die 20-Jährige aus Amsterdam. «Es war mein Ziel, keinen großen Fehler zu machen. Zu zeigen, was ich kann. Wenn ich auf dem Podest stehen will, muss ich allerdings noch besser werden. Das weiß ich und dafür werde ich trainieren», versprach sie.
Die Chinesin Wei gewann den Titel am Stufenbarren zum zweiten Mal in Folge und war dementsprechend in Hochstimmung. «Ich kann nicht glauben, dass ich den Titel gerade verteidigt habe. Ich bin superglücklich, vor allem, dass ich heute meinen Abgang gestanden habe», sagte sie. Sie sei nicht allzu nervös gewesen, habe ein gutes Training vor dem Wettkampf gehabt, die Kondition sei in Ordnung und sie habe sich auch gut vorbereitet gefühlt. «Ich denke, ich habe heute einen ziemlich guten Job gemacht. Aber ich kann meinen Rhythmus noch ein bisschen verbessern und wie die anderen erfahrenen Turnerinnen da draußen turnen», ist sie überzeugt. Und das möchte sie sich vor allem bei Olympiasiegerin Nina Derwael abschauen, die das Finale als Dritte beendete. «Sie ist mein Idol am Stufenbarren unter allen aktuellen Turnerinnen. Ich konnte viel von ihr lernen, deshalb habe ich sie dieses Mal als Lernziel und nicht als Konkurrentin betrachtet. Ich bin so glücklich, gegen sie anzutreten und endlich die Chance zu haben, ein Foto mit ihr zu machen», verriet die Chinesin.
Die Angesprochene ließ ebenfalls ein paar interessante Details aus ihrem Innenleben durchblicken. «Ich war wirklich aufgeregt wegen des Wettkampfs, sogar gestern Abend, als ich im Bett lag. Ich habe an all diese Athleten in diesem Barrenfinale gedacht, die so unglaublich sind - die Weltmeisterin, die Olympiasiegerin, die Europameisterin - alle in einem Finale. Es ist verrückt», sagte sie. Und Derwaels Erwartungen wurden mehr als erfüllt. «Das Niveau war heute so hoch, dass es wirklich aufregend war», befand sie.
Amerikanischer Doppelsieg am Sprung
Einen Doppelsieg feierten die US-Amerikanerinnen am Sprung. Den Titel holte sich dort Jade Carey, die mit 14,516 Punkten rund eineinhalb Zehntelpunkte vor ihrer Teamgefährtin Jordan Chiles (14,350) blieb. Das Mannschafts-Gold mit dem Team vom Dienstag wollte sie nicht mit ihrem persönlichen Titel vergleichen. «Mit dem Team dazustehen, fühlt sich gut an, weil wir gemeinsam hart dafür gearbeitet haben, das beste Team der Welt zu werden. Aber jetzt alleine oben stehen zu dürfen, ist auch eine tolle Bestätigung. Und damit habe ich hoffentlich auch die anderen alle stolz gemacht», erklärte sie. Teamgefährtin Chiles war auch mit Silber total happy. «Für mich war klar, dass ich nur die Zweitbeste werden kann, da Jade einfach phänomenal springt. Auch ihr Schwierigkeitswert ist höher ist als meiner. Aber ich habe meine Sprünge besser gezeigt als in der Qualifikation. Deshalb bin auch ich sehr glücklich», sagte die 21-Jährige.
Große Freude im französischen Lager löste auch der dritte Platz von Coline Devillard aus. Die 22-Jährige aus der Kleinstadt Digoin holte sich mit 14,166 die erste international bedeutende Medaille seit ihrem Europameistertitel am Sprung von 2017. «Ich habe mir keine Fragen gestellt. Ich habe mich einfach präsentiert. Ich habe mir gesagt, das ist meine Chance, das zu tun, was ich tun muss. Ich habe es getan, das ist alles», fasste sie ihren Wettkampf zusammen.