Emelie Petz - das ganze Interview

Emelie Petz

Wie sieht dein Tag gerade aus?

Das ist nicht leicht zu beantworten, da jeder Tag momentan anders aussieht. Derzeit habe ich eine Trainingseinheit pro Tag in der Halle, mal vormittags mal nachmittags, und die zweite Einheit absolviert jeder zuhause selbstständig.

Ein Montag sieht aktuell wie folgt aus: Ich stehe gegen 7 Uhr auf, das macht mir auch gar nichts, da ich eh kein Langschläfer bin. Dann absolviere ich meine individuelle Trainingseinheit, montags zum Beispiel Intervallsprints und Krafttraining für ungefähr eine Stunde. Gegen 8:30 Uhr dusche ich und frühstücke eine Kleinigkeit und im Anschluss erledige ich meine täglichen Schulaufgaben, die aktuell alle im Homeoffice erledigt werden und trinke dabei gern einen Tee. Es folgt das Mittagessen und dann geht es direkt los zur Halle zum viereinhalbstündigen Training. Wir starten immer mit einer Stunde Ballett und trainieren anschließend an den Geräten. Danach gehe ich direkt zur Physiotherapie und von dort nach Hause. Nach duschen, Abendbrot und einer Serie oder einem guten Buch gehe ich auch schon schlafen, um fit für den nächsten Tag zu sein.

 

Was sind momentan dein Ziele ohne ein direktes Ziel vor Augen zu haben?

Natürlich bleibt es weiterhin Olympia, auch wenn es jetzt erst hoffentlich nächstes Jahr stattfinden wird. Ich nutze diese zusätzliche Zeit, um meine Übungen aufzustocken und sie sauberer und konstanter präsentieren zu können. Die Übungen sollen wie im Schlaf sitzen. Außerdem habe ich auch noch kleine Ziele für eine Trainingswoche beispielsweise. Deswegen finde ich das eigentlich gar nicht so schlimm, kein größeres Ziel in der Nähe zu haben. Im Moment ist mein größtes Ziel wieder fit zu werden und stabil an den Geräten zu sein. Ich denk, ich bin da gerade auch auf einem ganz guten Weg.

 

Wo liegen mentale Schwierigkeiten dabei?

Bezüglich der Corona-Krise sind keine mentalen Schwierigkeiten bei mir dazugekommen. Da ja gerade keine Wettkämpfe stattfinden, muss man sich nicht so unter Druck setzen. Ich bearbeite derzeit alle mentalen Hindernisse, die mir sonst manchmal im Weg stehen oder die man grundsätzlich so hat. Somit bin ich später besser vorbereitet, wenn die Wettkämpfe wieder näher rücken.

 

Glaubst du, dass es dieses Jahr noch eine EM oder einen Bundesligawettkampf geben wird?

Das ist sehr schwer zu sagen. Ich würde mich natürlich sehr freuen, wenn Wettkämpfe und insbesondere die Bundesliga wieder stattfinden können. Die Gesundheit geht allerdings vor.

 

Ist dir die Decke in dieser trainingsfreien Zeit auf den Kopf gefallen?

Nein. Ich fand es auch irgendwie schön, mit meiner Familie viel Zeit zu verbringen. Vor allem meine Mama und ich haben sehr viel gemeinsam erlebt, wir waren zum Beispiel viel mit unserem Hund Gassi, haben viel gequatscht und einfach die sonst eher wenig vorhandene Familien-Zeit genossen. Ich hatte andere Dinge, die ich jetzt endlich mal machen konnte und für die ich sonst nie so richtig Zeit hatte.

 

Wie hast du denn diese Zeit genutzt?

Ich habe viele Bücher gelesen, ich bin ja so ein richtiger Lesefreak. Insbesondere Biografien von anderen Sportlern, wie von den beiden Skirennläufern Marcel Hirscher und Anna Veith. Dort kann ich auch immer viel für mich draus mitnehmen. Und dann habe ich wie gesagt viele lange Spaziergänge mit dem Hund unternommen, aber natürlich habe ich nebenbei immer viel zuhause trainiert.

 

Was hast du durch diese Zeit vielleicht über dich selbst gelernt oder Neues entdeckt?

Dass man auch mal runterkommen kann von dem ganzen Alltagsstress. Es ist krass, wenn man merkt, wie eingespannt man eigentlich den ganzen Tag über ist. Erst Schule, dann stopf ich mir manchmal schnell innerhalb von 10 Minuten ein kleines Mittagessen rein, weil dann ist auch direkt Training. Danach sprinte ich meist zur Physio, weil ich schon 5 Minuten zu spät bin. Und ich habe es wirklich auch genossen, die Zeit zu haben, einfach mal ein bisschen runterzukommen und habe eine Menge Motivation daraus mitgenommen. Ich fühle mich jetzt umso motivierter.

 

Wie sah bzw. sieht dein Training zuhause aus?

Ich mache daheim alles, wofür ich keine wirklich großen Geräte brauche. Hauptsächlich sind das Kraft- und Ausdauereinheiten. Unsere Trainer schreiben uns Trainingspläne, die von Intervallsprints über Läufe und hochintensive Intervalleinheiten reichen. Weiterhin haben wir auch ein Programm für den Mittelkörper und die Fußstabilität bekommen.

 

Hat dein Heimatverein (TSG Backnang) Probleme aufgrund der Krise?

Darüber bin ich nicht wirklich informiert. Allerdings haben es kleinere Vereine aktuell allgemein nicht leicht, da sie ja kaum Einnahmen derzeit haben und noch nicht in dem Maß wieder trainieren können, wie wir es aktuell dürfen.

 

Wie sehen die Hygieneregeln für das Training am Olympiastützpunkt in Stuttgart gerade aus und ist es schwer, diese einzuhalten?

Grundsätzlich halten wir immer einen Mindestabstand von 1,5 Metern. Unsere Umkleiden und Duschen sind noch gesperrt. Jeder hat in der Trainingshalle einen festen Platz und muss diesen sowie alle Geräte direkt nach Benutzung desinfizieren. Beim Training an sich brauchen wir keinen Mundschutz tragen, lediglich bei der Physio. Einziger Nachteil ist, dass unsere Trainer uns aktuell nicht halten dürfen und wir alleine an den Geräten trainieren. Diese Hygieneregeln einzuhalten ist auf jeden Fall nicht schwer und gleichzeitig wichtig.

 

Was nervt dich am meisten an Corona?

Meine Großeltern wohnen in Österreich, sie sehe ich so schon kaum und aktuell leider gar nicht. Am meisten nervt mich allerdings, dass ich mich nicht mit meinen Freunden wie gewohnt treffen darf und Samstagsabend lecker Essen gehen kann. Das fehlt mir sehr.

 

Haben dich deine Fans in dieser Zeit besonders unterstützt?

Ja absolut. Ich habe auch versucht mehr zu posten und Einblicke in meinen Alltag zu geben. Ich bin da auch echt unglaublich stolz, dass ich Fans hinterm Rücken habe, die mich unterstützen und die mir auch mega liebe Nachrichten schreiben. Da freue ich mich immer sehr, auch über Autogrammwünsche. Ich kann das manchmal immer noch nicht wahrhaben, dass jemand von mir Autogramme haben will. Das finde ich bis heute noch sehr crazy.

 

Verrätst du deinen Fans abschließend noch etwas über dich, was vielleicht kaum einer weiß?

Ich bin ein großer Essenliebhaber und backe sowie koche leidenschaftlich gern. Gerade in der Corona-Krise habe ich viel Zeit in der Küche verbracht und eine Menge ausprobiert gemeinsam mit meiner Mama. Gerade habe ich Proteinriegel selbst gemacht. Mein Lieblingsgericht ist und bleibt allerdings Pizza. Wir haben uns jetzt auch einen Pizzastein gekauft und backen gerne selber welche in den verschiedensten Varianten. Ich esse aktuell besonders gern meine selbstgemachte weiße Soße mit grünem Spargel, Kirschtomaten und Lauch oder roten Zwiebeln.

04. Juni 2020
von Laura Mainusch

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