OLYMPIA 2024 | PARIS
Kevric und Voss dürfen in Paris noch einmal ran

Helen Kevric und Sarah Voss ist am Sonntag bei den Olympischen Spielen in Paris de Sprung ins Finale der besten 24 gelungen. Die Turnerinnen vom MTV Stuttgart und TZ DSHS Köln belegten mit 53,865 und 52,565 Punkten die Ränge 15 und 24. Die 16-jährige Kevric (14,600) sicherte sich als Achte am Stufenbarren obendrein noch einen weiteren Endkampfplatz. Die frühere Weltmeisterin am Schwebebalken, Pauline Schäfer-Betz, blieb dagegen bei ihren zweiten Olympischen Spielen an ihrem Paradegerät mit 13,666 Punkten über vier Zehntelpunkte hinter der Finalbarriere. US-Superstar Simone Biles dominierte trotz eines leichten Handicaps mit 59,566 Punkten den Wettkampf praktisch nach Belieben.

Mehrkampffinale und Finale am Stufenbarren erreicht: Helen Kevric vom Meister MTV Stuttgart.

«Ich war sehr aufgeregt und bin nun froh und stolz auf das, was ich geleistet habe, auch wenn ein paar Fehler dabei waren. Es war ein unglaubliches Gefühl, hier mit Turnerinnen wie Simone Biles in der Halle zu sein», fand Kevric und war überzeugt, nun im Finale noch etwas draufpacken zu können: «Ich bin sehr erleichtert, dass ich hier in Paris die Chance bekomme, es im Finale noch etwas besser zu machen», sagte sie. Die erfahrenere Schäfer-Betz hatte offenbar mit Lampenfieber zu kämpfen. «Heute war ich einfach wahnsinnig aufgeregt am Balken. Ich bin eigentlich ganz gut reingekommen, aber konnte es hinten heraus nicht mehr halten», sagte sie.

Sprang auf Rang 24 gerade noch auf den abfahrenden Zug zum Mehrkampffinale auf: Sarah Voss vom Bundesligisten TZ DSHS Köln.

Doch auch bei Biles lief nicht alles glatt. Beim Einturnen hatte sie sich eine Wadenverletzung zugezogen. Mit prominenter Unterstützung und einem frenetischen Publikum im Rücken biss die 27-Jährige jedoch anschließend auf die Zähne. Bandagiert und leicht humpelnd trat sie am Sprung an, absolvierte sogar ihren ultra-schwierigen Biles II und sorgte so auch bei Tom Cruise, Snoop Dogg, Lady Gaga und Ariana Grande in den VIP-Logen für höchste Verzückung.

Knapp zwei Punkte hinter Biles lag Rebeca Andrade (BRA), die sich mit drei Top-Ergebnissen am Sprung, Schwebebalken und Boden ebenfalls für die jeweiligen Einzelgerätefinale qualifizierte. Ein erfolgreicher Tag brachte Kaylia Nemour aus Algerien ihrem Ziel  einen Schritt näher, Afrikas erste Olympiamedaillengewinnerin im Turnen zu werden. Die 17-Jährige turnte am Stufenbarren mit 15,600 die höchste Wertung des Tages, die auf zwei Höchstnoten für Schwierigkeit (7,1) und Ausführung (8,5) basierte.

Die Chinesin Zhou Yaqin brillierte am Schwebebalken mit einer ausgefeilten Übung, mit deren 14,866 Punkten sie sich als Sahnehäubchen noch auf die Übungen von Biles und Andrade setzte und damit ersten Platz für sich beanspruchte. Nicht gänzlich überraschend, schließlich kamen zwei der letzten drei Schwebebalken-Olympiasiegerinnen aus dem Reich der Mitte.

Die Mehrkampfsiegerin von Tokio 2020, Sunisa Lee (USA), qualifizierte sich als Dritte für den Mehrkampf und sicherte sich auch die Finale am Schwebebalken und Stufenbarren. Zwischen den Holmen muss sie sich in Paris der Siegerin von Tokio 2020 stellen: Denn Nina Derwael (BEL) krönte am Sonntag ihr Comeback nach einer Schulterverletzung mit der viertbesten Wertung des Tages.

GES/ Turnen/ DTB Pokal, 17.03.2019
Dominierte die Konkurrenz trotz Wadenverletzung nach Belieben: Simone Biles aus den USA.
USA turnt weiter in anderen Sphären

Auch der Rest des Teams fühlte sich im Palais Omnisport wie zu Hause. An Sprung, Schwebebalken und Boden trugen sich die US-Girls mit der höchsten Mannschaftswertung in die Ergebnisliste ein. Insgesamt sammelten sie 172,296 Punkte, satte 5,4 Zähler mehr als ihr härtester Verfolger Italien (166,861), das von Alice D'Amato und Manila Esposito angeführt wurde.

China (166,628) setzte sich mit einer herausragenden Leistung am Stufenbarren, traditionell das stärkste chinesische Gerät, aus dem Feld der konkurrierenden Nationen ab und darf nun auch als Anwärter für einen Platz auf dem Siegerpodest gelten. Als möglicher Spielverderber und Medaillen-Jäger brachte sich jedoch knapp dahinter auch noch Brasilien (166,499) um die Sprung-Olympiasiegerin Rebecca Andrade in Stellung. Japan, Kanada, Großbritannien und Rumänien schafften ebenfalls den Sprung in die achtköpfige Endrunde.

Kanadas Veteranin Elli Black freute sich nach dem Wettkampf ganz besonders, noch einmal bei Olympia mit ihren deutlich jüngeren Teamgefährtinnen in einem Mannschaftsfinale zu stehen. «Ich sah das Funkeln in ihren Augen. Das hat mich daran erinnert, dass dies ein magischer Moment ist, den wir wirklich auskosten müssen. Ich denke, das ist unser Ziel für das Teamfinale. Hoffentlich können wir ein paar kleine Fehler abstellen, die wir hatten, aber wir haben eine weitere Gelegenheit, unser Turnen zu zeigen und Spaß zu haben«, betonte die 28-Jährige aus Halifax.

Konnte die Last der Olympischen Spiele nicht tragen: Melanie de Jesus dos Santos von Gastgeber Frankreich.
Medaillenfavorit Frankreich bricht zusammen

Frankreich dagegen zerbrach unter dem Druck des eigenen Heimauftritts in der ausverkauften Arena. Es hatte die Verabredung ihres Lebens werden sollen. Seit Ewigkeiten sind die französischen Turnerinnen befreundet und haben in der Turnhalle zo ziemlich alles gemeinsam erlebt. «Die guten und die schlechten Zeiten», hatte Coline Devillard vor einigen Tagen einmal angemerkt. Was sie jedoch verbinde, sei viel mehr als nur der Sport. «Wir haben gemeinsam davon geträumt, an den Olympischen Spielen teilzunehmen, seit wir uns kennen», sagte Coline Devillard am Sonntagabend nach dem Wettkampf, der zum Höhepunkt ihres Lebenstraums hatte werden soll und sie nun als sportlichen Albtraums begleiten wird.

Denn Bronzemedaillengewinner der Weltmeisterschaften von 2023 machten zahlreiche untypische Fehler und verpassten so die Chance, am Mittwoch französische Turngeschichte zu schreiben. Das Team der Gastgeber wirkte von Beginn an gehemmt und ängstlich, insbesondere Devillard und Melanie De Jesus Dos Santos schienen dem Druck nicht mehr standhalten zu können. Vor den Augen von Fußballstar Antoine Griezmann auf der Tribüne stürzte Dos Santos bei einer Drehung. Am Schwebebalken ging es nicht weiter. Devillard, die als Erste an der Reihe war, verletzte sich am Schienbein und stürzte gleich zweimal. So lastete auch hier der Druck wieder auf den ohnehin schon schwachen Schultern von «MDJDS». Sie war sichtlich verkrampft und machte erneut einen großen Fehler, brach zusammen und flüchtete sich anschließend in die Arme ihrer langjährigen Freundin Devillard. Das Publikum skandierte zwar ihren Namen, doch sie winkte weinend ab. «Ich begann mit einem Sturz, obwohl ich ein Finale am Stufenbarren hätte erreichen können. Ich habe mich zusammengerissen, landete am Balken und wieder auf dem Boden», erzählte sie später unter Tränen. «Ich glaube, das waren meine letzten Spiele. Es waren meine letzten Spiele. Jetzt will ich mich nur noch in ein Loch verkriechen und nicht mehr rauskommen», stammelte sie untröstlich in die Mikrofone.

Was der Anfang einer neuen Erfolgsgeschichte hatte werden sollen, endete in einem sportlichen Debakel. Denn keine Französin erreichte auch nur ein einziges Finale. Und auch nicht das Kollektiv, das auf Platz elf landete.

Event Olympiasieger Silbermedaille Bronzemedaille
Team USA Italien Brasilien
Mehrkampf Simone Biles Rebeca Andrade Sunisa Lee
Sprung Simone Biles Rebeca Andrade Jade Carey
Stufenbarren Kaylia Nemour Qiu Qiyuan Sunisa Lee
Schwebebalken Alice D'Amato Zhou Yaqin Manila Esposito
Boden Rebeca Andrade Simone Biles Ana Bărbosu
Event Olympiasieger Silbermedaille Bronzemedaille
Team Japan China USA
Mehrkampf Shinnosuke Oka Zhang Boheng Xiao Ruoteng
Boden Carlos Adriel Yulo Artem Dolgopyat Jake Jarman
Pauschenpferd Rhys McClenaghan Nariman Kurbanov Stephen Nedoroscik
Ringe Liu Yang Zou Jingyuan Eleftherios Petrounias
Sprung Carlos Adriel Yulo Artur Davtyan Harry Hepworth
Barren Zou Jingyuan Illia Kovtun Oka Shinnosuke
Reck Oka Shinnosuke Angel Barajas Zhang Boheng
Land Turner Club Liga
Armenien Artur Davtyan
Vahagn Davtyan
KTV Obere Lahn
KTV Straubenhardt
2. Bundesliga Nord
1. Bundesliga
Belgien Noah Kuavita Exquisa Oberbayern 2. Bundesliga Süd
Kanada Felix Dolci KTV Straubenhardt 1. Bundesliga
Spanien Nestor Abad
Thierno Diallo
Nicolao Mir
Joel Plata
Rayderlay Zapata
TV Schwäbisch Gmünd-Wetzgau
TuS Vinnhorst
TV Schwäbisch Gmünd-Wetzgau
KTV Straubenhardt
TuS Vinnhorst
1. Bundesliga
1. Bundesliga
1. Bundesliga
1. Bundesliga
1. Bundesliga
Großbritannien Joe Fraser

Ruby Evans
TG Saar II

MTV Stuttgart
3. Bundesliga Süd

1. Bundesliga
Italien Yumin Abbadini
Lorenzo Casali
Mario Macchiati
StTV Singen
StTV Singen
TSG Grünstadt
1. Bundesliga
1. Bundesliga
2. Bundesliga Nord
Kasachstan Milad Karimi TV Schwäbisch Gmünd-Wetzgau 1. Bundesliga
Schweiz Luca Giubellini
Matteo Giubellini
MTV Ludwigsburg
MTV Ludwigsburg
2. Bundesliga Nord
2. Bundesliga Nord
Türkei Arican Ferhat
Adem Asil
Ahmet Önder
TSV Pfuhl
TSV Pfuhl
TuS Vinnhorst
1. Bundesliga
1. Bundesliga
1. Bundesliga
Ukraine Illia Kovtun
Petro Pakhniuk
Oleksander Petrenko
Igor Radivilov
Vladyslav Rozkhov
Nikita Sirosh
Radomyr Stelmakh
Mykola Syniukhin
Oleg Verniaiev
KTV Straubenhardt
Siegerländer KV
TSV Buttenwiesen
SC Cottbus
TuS Vinnhorst II
TSG Backnang
SC Cottbus
TG Saar II
TG Saar
1. Bundesliga
2. Bundesliga Nord
2. Bundesliga Süd
1. Bundesliga
3. Bundesliga Nord
3. Bundesliga Süd
1. Bundesliga
2. Bundesliga Nord
1. Bundesliga
So geht's weiter bei Olympia in Paris

Montag, 29. Juli

Teamfinale Männer (17:30 Uhr)

Dienstag, 30. Juli

Teamfinale Frauen (18:15 Uhr)

Mittwoch, 31. Juli

Mehrkampfinale | Männer (17:30 Uhr) 

Donnerstag, 1. August

Mehrkampfinale | Frauen (18:15 Uhr) 

Samstag, 3. August

Finale Boden | Männer (15:30 Uhr)
Finale Sprung | Frauen (16:20 Uhr)
Finale Pauschenpferd | Männer (17:15 Uhr)

Sonntag, 4. August

Finale Ringe | Männer (15:00 Uhr)
Finale Stufenbarren | Frauen (15:40 Uhr)
Finale Sprung | Männer (16:20 Uhr)  

Montag, 5. August

Finale Barren | Männer (11:45 Uhr) 
Finale Schwebebalken | Frauen (12:35 Uhr)
Finale Reck | Männer (13:35 Uhr)
Finale Boden | Frauen (14:25 Uhr)

28. Juli 2024
Nils B. Bohl | DTB

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