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Kreuzbandriss! Olympia-Aus für Marcel Nguyen

Schock für das deutsche Turnteam und die KTV Straubenhardt! Turn-Star Marcel Nguyen hat sich am Donnerstag beim Abgang an den Ringen einen Kreuzbandriss zugezogen. Die Verletzung passierte beim Training im Kunstturnforum Stuttgart. Eine unmittelbar danach durchgeführte MRT-Untersuchung bestätigte die Befürchtungen. Für den 33-jährigen Leistungsträger des siebenfachen Meisters aus dem Schwarzwald ist es bereits der zweite Kreuzbandriss im rechten Knie. Schon 2014 hatte er dieselbe Verletzung bei der WM-Vorbereitung im Trainingszentrum Kienbaum erlitten. Für den zweifachen Medaillengewinner der Olympischen Spiele von London 2012 ist damit der Traum von den vierten Olympischen Spielen definitiv geplatzt. «Ich bin total deprimiert», sagte Nguyen, der trotz zunehmender Probleme und der Verschiebung der Spiele auf 2021 immer an seinem Ziel festgehalten hatte. «Wir müssen nun schauen, wie die Operation und Reha verlaufen. Es könnte aber sein, dass mit dieser weiteren schweren Verletzung, so bitter wie auch realistisch es ist, meine Karriere nun beendet ist», räumte er am Freitag ein.

Bereits 2019 hatte Nguyen aufgrund einer Schulter-Operation die Heim-Weltmeisterschaft in Stuttgart verpasst. Zuletzt hatte den 19-fachen deutschen Meister ein Knochenödem im rechten Handgelenk im Training stark eingeschränkt. «Auch trotz meiner zuletzt doch sehr massiven gesundheitlichen Probleme, vor allem in meinem rechten Handgelenk, habe ich mein Ziel, die Teilnahme an meinen vierten Olympischen Spielen, nie aus den Augen verloren. Auch nach Tokio sollte es für mich noch bis zu den European Championships 2022 in München weitergehen», erklärte Nguyen. Dieses Ziel sei nun ebenfalls in weite Ferne gerückt. Stattdessen muss der gebürtige Münchner nun dem endgültige Karriere-Aus ins Auge blicken.

Nguyens Bundesligaclub KTV Straubenhardt reagierte mit Bestürzung. «Der tragische Kreuzbandriss von Marcel ist natürlich auch für uns eine Katastrophe. Noch viel mehr allerdings für ihn selbst», bedauerte KTV-Cheftrainer Steve Woitalla und wünschte seinem Spitzenturner alles Gute. «Wie auch immer Marcels Weg nun weitergehen wird, ich bin überzeugt, dass in Straubenhardt die Türen für ihn immer offen sein werden», erklärte er. Viel Spielraum, um weitere Verletzungen kompensieren zu können, gäbe es für die Schwarzwälder nun in der kommenden Bundesligasaison nicht mehr. «Doch wir werden bei der KTV jetzt nicht den Kopf in den Sand stecken, sondern alle unsere Kräfte bündeln. Das hat uns immer ausgezeichnet und wird uns immer auszeichnen», betonte der gebürtige Cottbuser.

Nguyens Karriere verlief beeindruckend steil. Der Sohn eines Vietnamesen und einer Deutschen hatte im Alter von vier Jahren mit dem Turnen begonnen. Mit Sieben schloss er sich dem TSV Unterhaching an. Ab 1995 trainierte er in München bei Kurt Szilier, der 2019 auch den Wander-Ehrenpreis der Deutschen Turnliga für seine besonderen Verdienste erhalten hatte. Von 1997 an gehörte Nguyen zum Perspektivkader und wurde vom späteren Cheftrainer Andreas Hirsch und dem jetzigen Bundestrainer der Junioren, Jens Milbradt, trainiert. Im Jahr 2005 wurde er deutscher Juniorenmeister am Barren und Vizemeister an den Ringen. Noch im selben Jahr nominierte ihn Hirsch überraschend für die Weltmeisterschaften in Melbourne, wo er auf Rang 16 am Barren landete.

Auch bei den folgenden Weltmeisterschaften hatte Nguyen wenig Glück. Lediglich in Stuttgart 2007 gelang ihm Bronze mit der Mannschaft. Ungleich besser lief es dagegen bei europäischen Titelkämpfen. Im Jahr 2010 gewann er im britischen Birmingham mit der Mannschaft seinen ersten Europameistertitel. In Berlin folgte 2011 der EM-Titel am Barren, den er 2012 im französischen Montpellier verteidigte. Der Höhepunkt von Nguyens Karriere waren jedoch ohne Zweifel seine beiden olympischen Silbermedaillen von London 2012.

28. Mai 2021
von Nils B. Bohl

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