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Meisterprüfung: KTV stellt Vinnhorst auf die Probe

Am Samstag kommt es in Niedersachsen zur Meisterprüfung. Denn der dort ansässige, amtierende  Meister TuS Vinnhorst, wird nach seinem Auswärtssieg gegen Aufsteiger TSV Pfuhl erstmals vor eigenem Publikum auf Herz und Nieren getestet. «Wir erwarten auf jeden Fall ein Duell auf Augenhöhe. Das ist schon vom Papier her völlig klar», sagte Teammanager Steffen Rüter am Freitag vor der Partie gegen die KTV Straubenhardt. Und deswegen ist im Turnzentrum Vinnhorst ab 17:00 Uhr ganz im Sinne des früheren Fußball Bundestrainers Jogi Löw vor allem eines angesagt: Högschte Konzenentration.

Setzt am Samstag auf Saubermänner am Gerät: Teammanager Steffen Rüter vom amtierenden Meister TuS Vinnhorst (Foto: Minkusimages)

«Im Vergleich zur letzten Woche, ist bei uns die Devise, dass wir sehr viel sauberer turnen müssen. Fehler dürfen wir uns gegen einen solchen Gegner kaum erlauben», warnte Rüter. Beim Auftakt vergangene Woche hatte Kapitän Mika Säfken, der seit über eineinhalb Jahren keinen Wettkampf geturnt hatte, noch die spezielle Aufgabe, seine schwierigsten Übungen auszutesten. «Da hat er nicht so hohe Wertungen bekommen, weil er am Pauschenpferd und am Reck abgegangen ist. Für diese Woche heißt es, lieber das ein oder andere Zehntel rausnehmen, aber dafür sauber durchkommen», erklärte Rüter und fügte hinzu: «Wenn zwei Mannschaften aufeinandertreffen, die gleich stark sind, dann muss man um jedes Zehntel kämpfen». Verstärkt wird die Truppe von Trainer Alfred Lefebre im Vergleich zur Vorwoche noch durch Milan Hosseini, der nach absolvierten Abiturprüfungen wieder zur Verfügung steht. Auch die beiden Nachwuchsturner Maxim Sinner und Bryan Wohl werden erstmals im Kader stehen.

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In Vinnhorst hofft man nach Wegfall der Corona-Maßnahmen auch auf eine breite Unterstützung der eigenen Fans. «Wir hoffen, dass die Zuschauer bei uns von Anfang an wieder in die Halle strömen, weil sie beim Fußball und beim Handball gemerkt haben, dass es geht», sagte Rüter, der ob der Qualität der Begegnung noch auf den ein oder anderen Spontanbesucher mehr hofft. Mit 300 bis 400 Zuschauer wäre man in Vinnhorst als Einstieg aber schon mal sehr zufrieden. Denen erklärt der deutsche Meister in seinem Wettkampfheft dann auch, warum er der einzige Bundesligist ist, der in Vladislav Poliashov noch einen russischen Athleten in seinem Kader listet. 

Erklärung des TuS Vinnhorst zu Vladislav Poliashov

Wir verabscheuen den von Russland entfachten Angriffskrieg gegen einen souveränen Staat wie die Ukraine und sind entsetzt über die Gewalt und das Leid, welche durch russische Soldatinnen und Soldaten über das Land gebracht werden. Wir finden es richtig, dass russische Athletinnen und Athleten verschiedener Sportarten von internationalen Sportveranstaltungen ausgeschlossen werden, um den Druck auf das russische Regime von möglichst vielen Seiten zu erhöhen! Wir versuchen, wie viele andere Sportvereine auch, durch kostenlose Sportangebote ukranischen Flüchtlingen die Teilhabe am Vereinsleben und eine Integration in unsere Gesellschaft zu ermöglichen.

Nach intensiver Diskussion haben wir uns dazu entschlossen, Vladislav als langjähriges Vereinsmitglied zu melden und im Kader zu behalten. Auch in anderen Sportarten können russische Athletinnen und Athleten weiterhin für ihre Vereine spielen oder kämpfen. Vladislav ist als Einzelperson nicht für den Krieg verantwortlich und er hat auch keine Position inne, die ihn zum 'Mittäter' machen würde. Andere russische Turner bekleiden etwa ein offizielles Amt in der russischen Armee und sind dadurch eng mit den Kriegsverursachern vernetzt. Dies trifft nach unseren Informationen auf Vladislav nicht zu. Wir werden Vladislav aber dennoch vorerst nicht bei Wettkämpfen einsetzen, um hier ein klares Zeichen zu setzen und uns auch auf diesem Wege solidarisch mit der Ukraine zu zeigen.

Vladislav Poliashov

«Wir haben uns die Frage gestellt, warum sollten wir keinen haben. Was hat der Arme verbrochen, dass er nicht starten darf», berichtete Rüter. Man habe sich angeschaut, was international passiert und man habe auch mit DTL-Präsident Jens-Uwe Kunze telefoniert. Der habe klar gemacht, dass es seitens der DTL keine Vorgaben geben werde. «Wir haben danach lange diskutiert, was wir machen. Dann haben wir entschieden, dass wir ihn melden. Er ist seit Jahren hier im Verein und hat sich nichts zuschulden kommen lassen», sagte Rüter. Auch wenn er vom System profitiere, sei Poliashov kein Sportsoldat wie andere russische Turner. «Dennoch haben wir, um ein Zeichen zur Solidarität mit der Ukraine zu setzen, aber auch um Vladislav selbst zu schützen, entschieden, dass er nicht nach Deutschland kommt», erklärte Rüter. Der Verein werde die weitere Entwicklung des Konflikts abwarten. Poliashov selbst habe für die Entscheidung Verständnis geäußert. «Das zeigt uns, dass er die Lage gut einschätzen kann und auch die Meinung der überwiegenden Mehrheit der internationalen Gemeinschaft versteht», glaubt Rüter.

Straubenhardt will in Vinnhorst «Vollgas» turnen

«Ich sehe Vinnhorst schon allein wegen der deutschen Starter, die sie haben, als Favorit in der Partie», stapelte Trainer Brian Gladow vor der Partie erst einmal tief. «Von der Gesamtpunktzahl sind wir allerdings ebenbürtig», räumte er dann doch ein und erwartet in jeder Hinsicht ein spannendes Duell. Es werde wohl auf einen Wettkampf hinauslaufen, bei dem der mit den wenigsten Fehlern gewinne. Dort hatten die Schwarzwälder bei ihrem Heimauftakt noch die ein oder andere Baustelle erkennen lassen, zum Beispiel an den Ringen und am Reck. «Es macht natürlich viel aus, in welchem Moment ein Fehler passiert. Wenn man am Anfang einen guten Start am Boden erwischt, dann ist es mit Sicherheit am Ende ein wenig leichter zu sagen, wie man welche Übung turnt. Zum Beispiel, damit man fehlerfrei durch das Reck kommt», erklärte er.

Der siebenfache Meister will auf jeden Fall in Vinnhorst nichts anbrennen lassen. «Am Anfang nicht, sonst haben wir keine Chance. Wir müssen vor allem am Anfang Vollgas turnen, um in den hinteren Geräten das Risiko senken zu können», hat sich der KTV-Coach überlegt.

Karim Rida (Foto: Minkusimages)

Der sehnlichst erwartete Karim Rida wird in Vinnhorst wieder in die Mannschaft zurückkehren, dafür hat allerdings Pascal Brendel am Donnerstag wegen Fiebers Bedenken in Sachen seines Einsatzes angemeldet. Die Entscheidung soll am Ende kurzfristig fallen. Sollte er ausfallen, muss Mannschaftskapitän Andreas Bretschneider das ein oder andere Gerät mehr übernehmen.  Um Anreiseschwierigkeiten zu vermeiden, ist die KTV bereits am Freitag angereist. «Wir werden gemeinsam Abendessen, früh noch einmal trainieren und uns dann besprechen, wie wir die Sache angehen. Dann kann jeder was zu seiner Befindlichkeit sagen und wir können bei Bedarf auch noch das ein oder andere verschieben», nimmt Gladow die Partie sehr ernst. Denn die, so glaubt der Berliner, habe irgendwie schon einen vorentscheidenden Charakter was den Einzug ins DTL-Finale in Neu-Ulm am 3. Dezember angeht. «Ich weiß nicht, wer den Sieger dieses Duells dann noch aufhalten soll», sagte er.

13. Mai 2022
Friedrich J. Feil

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