Zweimal Acht für Deutschland, Turngeschichte für Irland und Türkei

All in, all out! Elisabeth Seitz hat im Gerätefinale am Stufenbarren am Samstag alles auf eine Karte gesetzt - und alles verloren, als ihr der Hindorff ein wenig zu weit geriet und sie danach am unteren Holm vom Gerät musste. «Ich wollte die Verbindung turnen. Ich wollte sagen, ganz oder gar nicht. Das war mein Hintergedanke. Und ich denke, es war auch der richtige Weg», sagte die 25-Jährige vom Meister MTV Stuttgart. Für Seitz ist das jedoch kein Beinbruch. «Ich habe das Gefühl, das heute wieder andere mehr enttäuscht sind als ich. Denn ich weiß, dass der Sport so ist. Ich habe gelernt, damit umzugehen. 2009 war meine erste WM, jetzt haben wir 2019 und ich war immer im Stufenbarrenfinale und fast immer im Mehrkampffinale. Mit 25 Jahren stehe ich hier, und sage, ich gehöre immer noch zur Weltspitze. Da ist Enttäuschung Fehl am Platz», fand sie.

Auch die von Medaillen verwöhnte US-Amerikanerin Simone Biles musste zwischen den Holmen Federn lassen. Ihre 14,700 Punkte reichten an diesem Tag nur für Rang fünf. Strahlende Siegerin war dagegen die Belgierin Nina Derwael (15,233), die fehlerfrei durch ihre Übung kam. «Ich habe gar keine Worte dafür. ich bin einfach nur unglaublich glücklich», sagte sie nach dem Wettkampf strahlend. Ob es am Ende tatsächlich zum Sieg reichen würde, wusste sie bis zur Ergebnisanzeige nicht. «Ich hatte mir die anderen Übungen gar nicht angeschaut. Denn ich hatte mich auf meine Übung zu fokussieren», erklärte die Belgierin. Auf Platz zwei folgten die Britin Rebecca Downie (15,000) und die Amerikanerin Sunisa Lee (14,800).

Am Sprung dagegen tat Biles, was von ihr erwartet wurde: sie holte ihre Goldmedaille Nummer 23 und baute den eigenen Rekord damit weiter aus. Mit 15,399 Punkte war sie am Ende noch deutlich vor ihrer Teamgefährtin Jade Carey (14,883). Die Britin Elissa Downie wurde mit 14,816 Punkte Dritte. Am Boden der Männer gewann der 19 Jahre alte Edriel Carlos Yulo mit 15,300 Punkten als erster Turner der Philippinen WM-Gold. «Ich habe niemals erwartet, dass ich diese Medaille gewinnen würde. Ich weine innerlich vor Glück», sagte der strahlende Sieger, der nun hofft, in seinem basketballverliebten Land eine Turnbewegung auszulösen. Silber und Bronze machten Artem Dolgopiat (15,200/Israel) und der Chinesen Xiao Ruoteng (14,933) unter sich aus.

Am Pauschenpferd setzte der Brite Max Whitlock mit einem D-Wert von 7,0 eine Marke, die kein anderer Turner mehr erreichte. Seine 15,500 Punkte reichten in dem hochklassigen Finale für den Sieg über Lee Chih Kai (Taiwan/15,433) und Europameister Rhys McClenaghan (Irland/15,400), der mit Bronze auch die erste WM-Medaille für sein Land sicherte. «Ich habe Geschichte für mein Land geschrieben, ich könnte kaum glücklicher sein», sagte McClenaghan, der den Grund für das erfolgreiche Abschneiden ebenfalls kannte: «Ich habe es zum ersten Mal geschaft, die Neun in der Ausführung zu knacken», verriet er.

Im Finale an den Ringen landete Nick Klessing trotz passabler Übung auf Rang acht (14,166). Den ersten WM-Titel für die Türkei erturnte sich dort Ibrahim Colak, der vor Marco Lodadio (Italien) und dem Franzosen Samir Ait Said siegte.

12. Oktober 2019
von Thomas Zeier

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